Mitten im Leben komplett neu anfangen? Kein Problem für Sabine Oppoli. Sie plante um und machte prompt eine Punktlandung: vom Cockpit ans Wochenbett.
Es ist 1996. Meine Freundin ist weg und bräunt sich in der Südsee."
Fast. Es ist 1986. Sabine Oppoli bräunt sich vermutlich tatsächlich zwischendurch in der Südsee. Oder sie campt an den Victoriafällen in Simbabwe, bummelt durch den Krishnarajendra-Markt in Bangalore oder reizt ihre Magenschleimhaut mit viel zu scharfem Essen in Thailand, während ihr Freund zuhause sitzt.
Spulen wir kurz zurück: 1986 ist Sabine 17. Während der C64 gerade neu auf dem Markt ist und ihre Generation vor diesem pionierhaften Bildschirm klebt, nimmt sie den Flieger ins kanadische Calgary. Dort arbeitet sie im Haus der Tante als Au-Pair. Ein Jahr später trieben Frankophilie und die laute Freude am Leben sie nach Paris. Savoir vivre, die Kunst zu leben, Arsch auf Eimer.
Sabine schmiedet einen Plan: „Erstmal Freiheit, dann mal schauen“ und manifestiert dies kurzum in einem Beruf, der damals ein ganzes Lebensgefühl erfasst: Flugbegleiterin bei Air France. Sie wusste, das wird sie nicht ewig machen können. Perfekt!
„Ich war frei. Ich war so gut wie solo und meine Familie in Deutschland. Es gab keinen Magneten, der mich irgendwo hielt. Nur ich, zehn Kilometer unter und der Himmel über mir,“ schreit die Wehmut in ihrer Stimme. Sie flog mit Klaus Kinski („Ja, der ist schräg“), durfte in den Arabischen Emiraten ihre Hotelrechnung nicht selbst unterschreiben („Na, wenn ich nicht zahlen darf, ladet mich doch ein?!“) und redet auch 35 Jahre später so liebevoll in Platitüden, die authentischer nicht sein könnten:
„Da oben sind die Probleme einfach klein.“
Sie vermisst das, aber das war ein anderes Leben. Denn für Sabine passieren Sachen so, wie sie passieren sollen. Die Fliehkräfte der eigenen Historie wirbeln nicht immer bloß auseinander, sie fügen auch neu zusammen:
„Heute bin ich Hebamme im Prosper Hospital und würde da nie was drauf kommen lassen. Das ist mein Schiff, und seit 35 Jahren fahre ich damit durch jeden Sturm.“ Wow. Aber Moment, wie kam denn dieser abrupte Wechsel? Na, sie hatte doch einen Plan! „Irgendwann muss ja eine richtige Ausbildung her. Und Beständigkeit.“Gesagt, getan, und alles klingt wieder so einfach bei ihr. Zurück nach Deutschland, Abi nachgeholt, ins Arbeitsamt marschiert, Test gemacht. „Das Ergebnis: Hebamme. Also wurde ich Hebamme.“ Zwei Tage vor ihrem 30. stand der Leuchtturm Sabine – sie ist groß und sie strahlt aus jeder Pore – dann im pinken Kasack im Prosper. Weil das alles so organisiert klingt, hier noch eine Anekdote, die belegt, dass eigentlich das Schicksal die Pläne macht: „Ich betrieb mal Ahnenforschung und fand heraus, dass die Mutter meines Vaters zwölf Schwangerschaften hatte, allerdings nur drei Jungs überlebten. ‚Mensch‘, dachte ich, ‚hätte es da eine Hebamme gegeben, wäre das nicht so passiert‘. Ich sehe das als versteckte Botschaft. Das hat alles seine Richtigkeit,“ sagt sie.
Aber nicht ohne Lerninhalt: „Die Welt ist groß und bunt und wir leben hier teilweise so klein. Ich wünsche mir, dass Menschen endlich lernen, Weitblick zu haben, nicht immer nur nach Mallorca reisen, sondern in die Lebensrealität anderer Kulturen.“
Amen.