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Über die Theaterbühne zurück ins Leben
Foto: Volker Beushausen

Über die Theaterbühne zurück ins Leben

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Dr. Felicitas Bonk

Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt dann eine enorme Hürde. Ein theaterpädagogisches Integrationsprojekt des Jobcenters Kreis Recklinghausen bietet Hilfe.

„Für mich ist dieses Theaterprojekt eine ganz besondere Maßnahme, durch die sich für mich persönlich sehr viel verändert hat“, sagt Patrick Nüsse. „Am Anfang hatte ich ganz wenig Selbstvertrauen und war generell sehr unsicher. Aber mittlerweile traue ich mir schon viel mehr zu.“ Eigentlich einfache Dinge, wie beispielsweise morgens aufzustehen oder pünktlich in einem bestimmten Bus zu sitzen, waren krankheitsbedingt extreme Herausforderungen für ihn. Und auch sein Hobby, das Gitarrespielen, konnte er nicht mehr ausüben. Ein normaler Arbeitsalltag? Für ihn undenkbar.

Freiwillig, flexibel und ohne Druck

Über das Jobcenter Kreis Recklinghausen kam Patrick Nüsse dann in Kontakt mit dem theaterpädagogischen Projekt work:ART, das Menschen in besonderen persönlichen Belastungssituationen über die Dauer von neun Monaten dabei hilft, sich aus ihrer Situation zu lösen und wieder mehr am (Arbeits-)Leben teilzuhaben. „Über das Theaterspielen bekommen die Menschen die Möglichkeit, sich zu öffnen, wieder aktiv zu werden und ihr Selbstbewusstsein zu stärken“, erklärt Sebastian Hofsäss von der Jobcenter-Fachstelle für Arbeits­suchende mit Rehabilitations-Bedarf oder besonderen gesundheitlichen Einschränkungen (Reha/SB), der das Projekt betreut. „Gemeinsam mit den Theaterpädagogen und Jobcoaches des Projektpartners ‚defakto‘ arbeiten die Teilnehmenden ganz
individuell an den Dingen, die sie belasten. Ziel ist es, sie zu stabilisieren, zu stärken, ihnen Selbstvertrauen zu geben und sie im besten Fall direkt in eine Beschäftigung zu vermitteln, die ihnen ein selbstständiges, unabhängiges Leben ermöglicht.“

Im Laufe der Zeit hat er dabei viele beeindruckende Entwicklungen von Menschen mit unterschiedlichsten Belastungen miterlebt. „Es ist schon grandios zu sehen, wenn jemand, der beispielsweise unter einer Sozialphobie leidet, auf einmal als Moderator vor Publikum durch ein Theaterstück führt“, sagt er. Und genau diese persönlichen Weiterentwicklungen sind es auch, die die Teilnehmenden untereinander motivieren, wie Patrick Nüsse findet.

Für mehr Selbstsicherheit

So ist sein Schauspielkollege Dariusz Stankiewicz mit verantwortlich dafür, dass der junge Mann wieder Perspektiven in seinem Leben sieht. „Dariusz hat das Theaterprojekt zusammen mit mir im April dieses Jahres angefangen, und ab Mitte August hat er einen festen Arbeitsplatz. Das motiviert mich, weiter an meinen Zielen zu arbeiten“, sagt er. Und auch für Dariusz Stankiewicz hat das Theaterprojekt mehr als einen positiven Effekt gehabt, wie der gebür­tige Pole erzählt: „Ich freue mich jedes Mal, wenn wir uns zum Proben treffen. Ich komme gerne her, weil ich hier viele soziale Kontakte habe, noch besser Deutsch lerne und auf Menschen treffe, die mich verstehen. Das hat mir viel Kraft gegeben und mir dabei geholfen, mein Ziel zu erreichen: eine feste Arbeitsstelle zu finden. Für mich ist das ein großes Glück“, sagt er. Auch Jobcoach Thomas Bauer von „defakto“ glaubt an die Kraft der Gemeinschaft. „Im Eins-zu-eins-Coaching gehen wir sehr individuell auf die Teilnehmenden und ihre besonderen Bedürfnisse ein, um ihnen allen eine Perspektive zu geben. Trotzdem spielt ihre gegenseitige Unterstützung eine entscheidende Rolle, denn das gibt allen das Gefühl, nicht allein zu sein. Und das ist sehr wichtig“, erklärt er. Dass das gemeinsame Theaterspielen den Teilnehmenden zu einem Lebenswandel im positiven Sinne verhilft, zeigt sich am Ende eines jeden Projekts: Wenn die Schauspieler ihr Stück aufgeführt haben und die strahlenden Gesichter aus dem Publikum in strahlende Gesichter auf der Bühne schauen.

Info
Jobcenter Kreis Recklinghausen

Fachstelle Reha/SB
Sebastian Hofsäss
Sebastian.Hofsaess@vestische-arbeit.de

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