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Heimat heißt Wurzeln schlagen
Foto: Volker Beushausen

Heimat heißt Wurzeln schlagen

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Laura Tirier

Heimat ist mehr als ein Dach über dem Kopf – es ist Familie, Tradition und Kultur, das uns ein Gefühl von Zugehörigkeit gibt. Doch was passiert, wenn Menschen all das verlieren? Und wie kann man in der Fremde eine neue Heimat finden?

Es ist der Morgen des 6. November, einen Tag Präsidenten der USA und dem Zusammenbruch der Ampelkoalition, als wir durch die Türen des Stadtteiltreffs „Mittendrin“ in Marl gehen. Eine seltsame Stimmung liegt in der Luft, denn die Zukunft der Welt, der Heimat, scheint ungewiss. In seinem Büro treffen wir Jens Flachmeier, die Fachkraft der Integrationsagentur und Sozialarbeiter der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen. Er erzählt uns, was „Heimat“ bedeutet – für ihn und für die Menschen, die neu ins Land kommen.

Heimat heißt Sicherheit

„Heimat ist für mich ein Ort, an dem ich mich wohl und sicher fühle“, sagt er. „Zuhause ist dort, wo ich wohne. Meine Heimat ist da, wo meine Wurzeln liegen.“ Wer entwurzelt ist, dem fehle oft Menschen Links die syrischen Frauen im Austausch, rechts Jens Flachmeier – Brückenbauer im Stadtteiltreff „Mittendrin“.
Fotos: Volker Beushausen ein wichtiger Teil der eigenen Identität. Die neue Generation habe da einen neuen Ansatz; durch die Globalisierung sei das häufige Umziehen keine Seltenheit mehr. „Trotzdem glaube ich, dass sich viele junge Menschen nach Stabilität sehnen, die einem die Heimat geben kann.“ Flachmeier hat
eine geteilte Stelle: Eine Hälfte seiner Arbeitszeit widmet er der ambulanten Erziehungshilfe, während er in der anderen Hälfte als Fachkraft der Integrationsagentur tätig ist. Integrationsagenturen sind Einrichtungen des Landes NRW, die sich darauf konzentrieren, Menschen miteinander zu vernetzen und Integration in der Gesellschaft zu fördern.

Integration braucht Brückenbauer

Durch seine Arbeit hat Flachmeier schon vielen Menschen geholfen, in der Fremde ein Stück Heimat zu finden. Die Herausforderungen der gelungenen Integration sieht er vor allem in den gesetzlich bedingten Hürden, die Geflüchtete überwinden müssen. „Die Menschen wollen ihre Familien nachholen und brauchen ihr soziales Umfeld, um hier anzukommen.“ Aber politisch sei es nicht gewünscht, dass die Leute hierbleiben. Was es brauche, sei eine richtige Willkommenskultur, meint er. „Wir brauchen Brückenbauer und Menschen, die mit Herzblut dabei sind.“

Heimat heißt Zukunft

Eine Tür weiter liegt die Teeküche des „Mittendrin“, wo sich Gruppen von Geflüchteten treffen, um Unterstützung zu erhalten, Erfahrungen auszutauschen, oder um einfach gemeinsam eine Tasse Tee zu trinken. Eine davon ist Nura, die vor zehn Jahren nach Deutschland kam. Ihre Heimat, so sagt sie, gibt es nicht mehr. „Der Krieg hat Syrien zerstört. Es gibt nichts, wohin wir zurückkönnten.“ Auch Sawsan, seit sechs Jahren hier, sieht ihre Zukunft in Deutschland: „Das Vest ist meine Heimat geworden. Meine Kinder gehen hier zur Schule, haben gute Noten, sind in Sicherheit. Es gibt für mich nichts Wichtigeres.“ In der Gruppe sprechen die Frauen meist arabisch. „Sprache ist der Teil unserer Heimat, der uns noch bleibt, so wie unsere Traditionen und religiösen Feste“, sagt Sawsan. Zum Stadtteiltreff habe sie durch andere Geflüchtete gefunden und ist dankbar für die Unterstützung, die in ganz besonderer Weise durch Saskia Wohllebe – verantwortliche Fachkraft der Diakonie in der Sozialraumarbeit "vor Ort" geleistet wird. „Ohne die Leute hier hätten wir das alles nicht geschafft“, sagt Nura. Sawsan fügt hinzu: „Wir können uns glücklich schätzen, hier so herzlich aufgenommen worden zu sein.“ Für die Frauen steht fest, dass es kein Zurück gibt, sondern nur ein Vorwärts. Sie hoffen auf die deutsche Staatsbürgerschaft – und darauf, hier im Vest ihre Wurzeln schlagen zu können.

Info Diakonisches Werk im Kirchenkreis Recklinghausen
Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen

Elper Weg 89
45657 Recklinghausen

www.diakonie-kreis-re.de

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